Über uns & das Projekt

Wer wir sind

Im Moment arbeiten wir zu zehnt als Arbeitsgruppe an der Realisierung des Johanna Wagner Haus. Wir sind Arbeitskolleg*innen, Mitstreiter*innen und vor allem Freund*innen. Einige von uns wohnen auch bereits zusammen. Das Altersspektrum reicht von Anfang 20 bis Mitte 30. Die meisten von uns arbeiten, manche studieren. Uns eint, dass wir alle nebenher mit gesellschaftspolitischer Freiwilligenarbeit beschäftigt sind. Jede*r hat zwar einen eigenen Freund*innenkreis, doch wir sind alle Teil eines größeren Umfeld und unsere Leben überschneiden sich häufig. So ist über die Zeit ein Netzwerk entstanden. Dazu gehören zum Beispiel vier Wohngemeinschaften, die bereits unterschiedliche Formen von funktionalem Wohnen umsetzen. Fast alle in der Arbeitsgruppe sind Teil eines Kollektivs, das einen Raum selbstverwaltet und dort zahlreiche Veranstaltungen organisiert. Ebenso haben einige von uns bereits Erfahrung im Finanzieren einer Idee gesammelt und so ein Gasthaus übernommen. Dieses hat einen solidarischen Ansatz, Essen ist spendenbasiert, es gibt keinen Konsumzwang und die Räumlichkeiten stehen für alle möglichen Events zur Verfügung. Durch unser ehrenamtliches Engagement in lokalen Klima-Gruppen, der Frauen*Vernetzung, dem Bündnis gegen Rechts, der Gewerkschaft, den Stadtteiltreffs oder Ähnlichem sind wir in der Stadt und auch darüber hinaus gut vernetzt.
Die meisten dieser Projekte laufen seit ca. 2019 und haben eine langfristige Perspektive, in die wir aktiv eingebunden sind. Ziel ist es dabei, gesellschaftliche Demokratisierungsprozesse anzustoßen, soziale Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und durch zivilen Druck zu verbessern sowie generell Innsbruck und Region lebensfreundlicher, ökologischer und diverser zu machen. 
Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dem Johanna Wagner Haus dazu einen weiteren wichtigen Beitrag leisten können. Ein solches Hausprojekt in Innsbruck Land nimmt eine Vorbildfunktion ein. Wir zeigen konkrete Alternativen auf: z.B. zum Bankkredit oder zum Zusammenleben in der Kleinfamilie. Und wir schaffen damit langfristig günstigen Wohnraum sowie unkompliziert zugängliche Gruppenräume.

Hintergründe zur Idee

Leistbares Wohnen ist in Tirol ein Fremdwort, wie die Landeshauptstadt Innsbruck und das Umland sehr gut zeigen: Die Mieten sind in den letzten zwei Jahren um 10 Prozent gestiegen und die Kaufpreise explodieren ebenfalls. Eine gute Übersicht bieten die aktuellen Preisspiegel (im Anhang). Während mehr als 5.000 Wohnungen in Innsbruck leer stehen und ganze Häuser zu Spekulationsobjekten werden treiben in den Tiroler Bezirken die Zweitwohnungen und der Tourismus die Preise in die Höhe. Dazu kommt die massive Teuerung, zu der es bisher keine Reallohnanpassung gibt. Das heißt: das Leben in Innsbruck, aber auch generell in Tirol ist teuer bei niedrigen Löhnen. Viele geben deshalb mehr als ein Drittel, oder sogar die Hälfte ihres Einkommens nur fürs Wohnen aus. 
Ein WG-Zimmer in Innsbruck kostet mittlerweile zwischen 600 und 700 Euro. Eine 1-Zimmerwohnung mindestens 1000 Euro. Rund um Innsbruck, also z.B. in Hall oder Rum muss für ein WG-Zimmer ebenfalls schon mit 500 Euro gerechnet werden. Ein Pärchen oder eine kleine Familie muss mit mindestens 1500 Euro für 2 Zimmer rechnen. Eine Stadt- oder Genossenschaftswohnung würde Vielen Abhilfe bieten – das kommt aber nur in Frage, wenn man lange in Innsbruck und an derselben Adresse gemeldet ist. Die Wartezeiten sind außerdem teilweise bis zu 6 Jahre und es gibt keine Wahlmöglichkeit – wenn einem etwas angeboten wird, muss man es nehmen, sonst verwirkt das Recht auf eine Wohnung.
Im Bereich des Kaufens hat sich die Situation ebenfalls verschlechtert. Die bewährte Option des Mietkaufs, die der Generation vor uns zu Wohneigentum trotz fehlendem Eigenkapital verholfen hat, gibt es kaum mehr. Auch die Konditionen von Bausparverträgen oder Eigenheim-Krediten sind weniger attraktiv geworden. Für viele ist diese Option gar nicht denkbar, da zu viel Eigenkapital nötig ist, um einen Kredit aufzunehmen. Zudem sind zahlreiche Förderungen, die Unterstützung bieten sollten, an bestimme Bedingungen geknüpft und dienen in Wirklichkeit dazu, die Baubranche anzukurbeln und Profite zu generieren.
Neben den finanziellen Hürden gibt es weitere Schwierigkeiten, an eine Wohnung oder sogar ein Zimmer zu kommen. Viele Menschen mit Migrationsgeschichte oder unsicherem Status sehen sich mit rassistischen Vorurteilen der Vermieter*innen und Hausbesitzer*innen konfrontiert. Auch alleinerziehende Mütter, queere Personen oder Menschen mit psychischen Problemen, die beispielsweise nicht arbeiten können, werden mehrfach abgewiesen – obwohl ja gerade für marginalisierte Menschen eine gute und sichere Wohnsituation wichtig ist. Eine weitere negative Entwicklung ist, dass den Mieter*innen immer öfter spezielle Verträge aufgezwungen werden, die eigentlich gegen das Mietrecht verstoßen. So werden sehr kurze Mietvereinbarungen und Kündigungsfristen, hohe Kautionen, Vertragserrichtungskosten, Instandhaltungsverpflichtungen etc. durchgesetzt, da die Wohnungssuchenden von der „Knappheit“ des Wohnraums unter Druck sind und fast alles akzeptieren, um irgendwo wohnen zu können.
Trotz dieser untragbaren Lage verspürt die Tiroler Landes-, genauso wie die Innsbrucker Stadtpolitik, offensichtlich wenig Handlungsdruck – weder die Mieten zu senken noch ernsthaft etwas gegen den Leerstand zu unternehmen. Auch in Nachhaltigkeitsfragen hinken sie hinterher: ganze Häuserblöcke werden abgerissen, anstatt sie sinnvoll zu sanieren und am Land geht die Zersiedelung weiter. Zu verurteilen sind vor allem die sozialen Folgen dieser Wohnpolitik: Zwangsräumungen von Familien, überfüllte Notschlafstellen und steigende Obdachlosigkeit.
Diese Umstände sind Gründe, warum verschiedenste politische und zivilgesellschaftliche Akteur*innen das Thema Wohnen vermehrt in einer Vielzahl von Aktivitäten und Interventionen bearbeiten. Seitens der KPÖ wurden zwei umfangreiche Wahlkampfkampagnen mit diesem Fokus geführt sowie eine Wohnsprechstunde gestartet. Ein basisdemokratisches Bündnis startete vor zwei Jahren eine Kampagne mit dem Titel „Mieten fressen Leben auf“, die mit einer Demonstration endete. Auch die prekäre Wohnsituation von Geflüchteten, die zeitweise sogar im Winter in Zelten untergebracht waren, wurde mehrfach thematisiert unter dem Motto „Zimmer für alle!“. Bei diesen Aktionen waren einige aus der Arbeitsgruppe mit dabei und es wurde zumindest ein kleiner Erfolg erzielt: Die Zelte kamen zumindest in Tirol weg und alle geflüchteten Menschen wurden in Einrichtungen untergebracht. Ein weiteres Beispiel ist der Eichhof, eine Siedlung nahe der Innenstadt, in der die Mieter*innen beschlossen haben, trotz Abrissbescheid nicht aus ihren Wohnungen auszuziehen. Die Stadt und die Baufirmen übten massiven Druck aus, der an Erpressung grenzte, um die Menschen aus ihren Häusern zu bekommen. Bis heute kämpfen die Mieter*innen weiter. 
All jene, die sich für eine soziale und nachhaltige Wohnpolitik einsetzen, geraten in Tirol immer wieder an das gleiche Problem: Die Profite der Baufirmen, der Aufwertungswille der Stadt und das Tourismusdenken der Dörfer sind im Moment mächtiger als die Bevölkerung. Denn die Menschen in Tirol stimmen zwar massenweise damit überein, dass die Mieten zu hoch sind, keine Luxuswohnungen für Tourist*innen mehr gebaut gehören und schöne, alte Siedlungen nicht abgerissen werden sollen. Sie sind aber noch nicht wirklich miteinander vereint und es fehlt der kollektive Gedanke zum Thema Wohnen, Soziales und Nachhaltigkeit. Doch der Widerspruch zwischen denen, die nur das Geld im Kopf haben und dem Großteil der Tiroler*innen, die günstig und ohne Probleme wohnen wollen, verschärft sich fortlaufend. Darin entsteht großes Potential für eine Bewegung, die eine sinnvolle Wohnpolitik für Tirol fordert und umsetzt. Gerade junge Menschen, deren Zukunft auf dem Spiel steht, kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Das Johanna Wagner Haus soll ein wichtiger Bezugspunkt dieser fortschrittlichen Bewegung für soziale und nachhaltige Wohnpolitik werden. Einerseits als lebendiges Beispiel alternativen Wohnens und andererseits als Treffpunkt und Ort des Austauschs. Zudem soll das Hausprojekt mit unkomplizierter Vergabe von Mietverträgen und der Solidaritätswohnung auch für Menschen zugänglich sein, die es sonst schwerer haben, ein Zimmer zu finden. Und zu guter Letzt ermöglicht es mindestens 7 Menschen zu einem erschwinglichen Preis in schöner Umgebung nahe Innsbruck zu leben – was in Anbetracht der stetig steigenden Mieten sinnvoll ist.

Struktur und Organisation

Wir wollen das Haus mit einem Verein kaufen. So gehört es keiner Einzelperson, sondern dem gemeinnützigen und nicht auf Gewinn ausgerichteten, eingetragenen Verein „Johanna Wagner Haus“. Das heißt, niemand außer dem Verein selbst, hat Ansprüche oder Entscheidungsbefugnisse. Was mit dem Haus geschieht und wie es benützt wird, entscheiden die Mitglieder und der durch die Mitglieder beschlossene Vereinszweck. Der Vereinszweck ist entsprechend unserer Ideale formuliert und gibt einen genauen Überblick über die Ziele, die Mittel und die Finanzierungsform des Vereins.

Ein Verein als Organiserungsform bietet uns nach innen die Möglichkeit starke Hierarchien zu vermeiden, die normalerweise zwischen Hausbesitzer*in und Mieter*in aber auch zwischen den Kapitaleinleger*innen entstehen. Nach aussen dient er, um als juristische Person gemeinschaftlich handeln zu können. Da wir an das Vereinsrecht gebunden sind, besteht der Verein wie üblich aus Mitgliedern, die sich jährlich auf einer Generalversammlung treffen, um unter anderem einen Vorstand zu wählen. Mitglieder sind einerseits alle Personen, die in der Wohngemeinschaft längerfristig wohnen aber andererseits auch Personen, die nicht im Haus wohnen aber für das Projekt Verantwortung übernehmen. Zum Beispiel Personen, die organisatorische oder buchhalterische Aufgaben übernehmen, spezifisch für die Gruppenräume, die Solidaritätswohnung, für das gesamte Haus oder für die Vereinsstruktur.
Damit alles möglichst unbürokratisch und kollektiv organisiert werden kann, haben wir in unseren Statuten festgelegt, dass unter dem Jahr das sogenannte „Plenum“ die Entscheidungsmacht des Vereins innehat. Das Plenum findet regelmäßig statt und dort wird über sämtliche Fragen entschieden, die das Alltagsgeschehen betreffen. Insbesondere das Zusammenleben und die praktische Umsetzung der Vereinsziele werden dort bestimmt. Weiters dient es der Koordination der vereinsinternen Arbeitsaufteilung. Am Plenum können alle Mitglieder, aber auch Nichtmitglieder, die eingeladen wurden, teilnehmen. Entscheidungen werden im Konsent getroffen, wobei nur Mitglieder stimmberechtigt sind. Konkret heißt das, wir haben die Möglichkeit alle, die irgenwie mit dem Haus verbunden sind in Entscheidungen miteinzubeziehen, wenn wir das wollen und für sinnvoll empfinden. 
„Mit der Vereinsspende als Alternative zur Miete ist ein Konzept zur solidarischen Aufteilung von Wohnkosten geboren!“
Wir werden keine konventionellen Mietverträge ausstellen, denn die jeweiligen Hausbewohner*innen werden eine Vereinsspende in Höhe der ausgemachten Miete tätigen. So werden die notwendigen Mittel für das Haus, um z.B. die Direktkredite zurückzuzahlen oder Instandhaltungen durchzuführen, in den Verein eingebracht. 
Es ist die Aufgabe des Plenums, und damit vor allem der Bewohner*innen, sicher zu stellen, dass die benötigten Summen regelmäßig auf das Vereinskonto eingehen. Das ermöglicht uns eine flexible Struktur, mit der wir Wohnraum kollektiv und solidarisch organisieren können. Das Plenum entscheidet, mittels welcher Methode die Kosten verteilt werden: ob nach genutztem Quadratmeter, nach verfügbaren finanziellen Ressourcen oder nach Fixpreis. Je nach Situation, können die Spendenbeträge abgeändert oder angepasst werden. So schaffen wir es auch, immer wieder Menschen die die Miete nicht oder nur wenig davon bezahlen können, mitzutragen. Dabei gilt folgendes Prinzip: Wir besprechen das finanzielle Problem gemeinsam und finden eine kollektive Lösung. Je nachdem wie kurz oder langfristig die Geldsorgen sind, gibt es verschiedene Ansätze. 
Entweder sprngen andere Bewohner*innen solidarisch ein, das Zimmer wird geteilt um die Kosten zu verringern oder wir suchen gemeinsam Unterstützung außerhalb des Hausprojekts. 
Auch im Falle von Unstimmigkeiten in der Gemeinschaft wollen wir immer kollektive und demokratische Lösungen finden. Für ein angenehmes Zusammenwohnen ist es nötig, dass alle Bewohner*innen und Vereinsmitglieder die zusammen entschiedene Hausordnung wahren und sich entsprechend den Entscheidungen der Plenas und Versammlungen verhalten. Sollten Personen das nicht tun, kann ihnen im schlimmsten Fall das Wohnrecht entzogen oder ihr Ausschluß vom Verein erwirkt werden. Eine solche Entscheidung muss durch das Plenum bzw. den Verein natürlich erklärt und gerechtfertigt werden.

Zeitplan

Bis Frühling 2025 läuft unsere Direktkreditkampagne, welche die Finanzierung des Hauses und Kosten rund um den Kauf sowie erster Renovationsarbeiten zum Ziel hat. Währenddessen nehmen wir uns gemeinsam mit befreundeten Architekt*innen und Handwerker*innen Zeit, die ersten Umbaupläne, wie gemeinschaftliche Nasszellen, die Erneuerung der Küche oder die Trockenlegung der Werkstatt zu konkretisieren. Wenn wir den Hauskauf erfolgreich abgewickelt haben, beginnen wir im Sommer 2025 mit dem Ausräumen und Einrichten des Hauses sowie mit der Renovation der Einliegerwohnung im Erdgeschoss. Bereits im frühen Herbst wollen wir in den ersten Stock einziehen und mit dem kollektiven Wohnen beginnen. Spätestens 2026 soll die Einliegerwohnung als Solidaritätswohnung bezugsbereit und die Gruppenräumlichkeit nutzbar sein. Mithilfe einer erneuten Überprüfung unserer Vision auf Kosten, Nutzen und Realisierbarkeit entscheiden wir dann, welche größeren Umbauten in den folgenden Jahren durchgeführt werden. Das Herzstück soll eine mit Holz aus dem Miederer Wald und Pellets betriebene Zentralheizung werden, aber auch die Winter- und Wetterfestigkeit der Gruppenräumlichkeiten. Unter anderem dafür müssen wir 2027 auch eine neue Direktkreditkampagne starten, damit die circa 150.000 Euro Umbaukosten finanziert werden können. Das Haus soll 2030 fertig umgebaut und das Hauskonzept vollständig umsetzbar sein.